18.04.2017

Testament und Pflichtteil: Enterbt – wem dennoch ein Anteil am Nachlass zusteht

Bei Streit oder Entfremdung, können Erblasser Angehörige vom Erbe ausschließen. Doch auch Enterbte haben unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses. Doch wem steht auf jeden Fall ein Teil des Erbes zu, auch wenn der Erblasser den Wunsch auf Enterbung äußert?

Im Erbrecht gibt es den sogenannten „Pflichtteil“. Durch ihn stellt der Gesetzgeber sicher, dass enge Angehörige nicht ganz leer ausgehen. Anspruch auf den Pflichtteil haben in erster Linie der Ehepartner beziehungsweise eingetragene Lebenspartner sowie die Kinder. Auch wenn ihnen laut Testament kein Erbe zufällt, können sie den Anspruch auf die Auszahlung des Pflichtteils geltend machen.

Leben die Kinder nicht mehr, geht der Anspruch auf den Pflichtteil auf eventuell vorhandene Enkel über. Gibt es weder Kinder noch Enkel, so haben die Eltern des Verstorbenen einen Pflichtteilsanspruch.

Um den Pflichtteil einzufordern, müssen die berechtigten Personen diesen gegenüber den eingesetzten Erben binnen einer Frist von drei Jahren geltend machen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Todesfall eintrat.

Um die Höhe des Pflichtteils bestimmen zu können, haben die Berechtigten einen Auskunftsanspruch auf Offenlegung des gesamten Nachlasses. Der Pflichtteil entspricht in der Regel der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Nimmt man als Beispiel eine Familie mit zwei Kindern, wobei die Eheleute keinen Ehevertrag geschlossen haben, und betrachtet die gesetzliche Erbfolge bedeutet dies: Die Ehefrau hat nach dem Tod ihres Mannes Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses, die beiden Kinder jeweils auf ein Viertel. Hiervon die Hälfte: Den Kindern steht als Pflichtteil jeweils ein Achtel des Nachlasses zu. Der Pflichtteil kann zudem nie negativ sein, eventuell vorhandene Schulden müssen also nicht übernommen werden.

Der Anspruch auf den Pflichtteil ist vom Gesetzgeber stark geschützt und kann vom Erblasser nur in Ausnahmefällen reduziert bzw. entzogen werden. Dies ist beispielsweise der Fall, sofern der zum Pflichtteil Berechtigte dem Erblasser nach dem Leben trachtet, ihn schwer körperlich verletzt hat oder eine schwere Straftat begangen hat. Gleiches gilt, wenn ein Elternteil nie Unterhalt für sein Kind geszahlt hat. Dann kann das Kind diesem Elternteil ebenfalls den Pflichtteil entziehen. In diesen Fällen müssen Begründung und Nachweise nachvollziehbar im Testament oder einem Erbvertrag hinterlegt werden.

Ein Verzicht oder eine Reduzierung des Pflichtteils ist zudem einvernehmlich möglich, indem der Berechtigte eine entsprechende Verzichtserklärung unterschreibt. Dies ist beispielsweise gängige Praxis, wenn dem Berechtigten ein Teil des Erbes vorab, z.B. in Form einer Schenkung übereignet wird, oder wenn der Berechtigte aufgrund einer Abfindung oder sonstiger Umstände bewusst verzichtet. Der Pflichtteilsverzichtsvertrag kann jedoch nur wirksam von einem Notar beurkundet werden.

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